Ausgrenzung und Gewalterfahrung in unserer Demokratie

Im August 2020 knieten in Augsburg über 3000 Menschen gemeinsam und schwiegen - 8 Minuten und 46 Sekunden lang. Sie gedachten des ermordeten Amerikaners George Floyd und protestierten gegen Rassismus weltweit und in Bayern.
Im August 1977 ergriff Shlomo Lewin in Nürnberg das Mikrofon und warnte sein Publikum vor der Gefahr des Antisemitismus. Drei Jahre später griff ein Neonazi zur Waffe und erschoss Lewin.
Die Erfolgsgeschichte der Demokratie blendet oft Probleme aus, die bis heute existieren: Rassismus und Antisemitismus, Ausgrenzung und Gewalt gibt es auch im Alltag einer Demokratie. Wie geht es den Betroffenen? Ihr Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit hängt stark davon ab, wie die Mehrheit der Gesellschaft auf Ungleichheit und Diskriminierung, Hass und Gewalt reagiert. Sind das nur Probleme einer Minderheit oder geht uns das alle etwas an?

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Demonstrantin auf der Augsburger “Black Lives Matter” Demonstration 2020

Der Tod des Schwarzen US-Bürgers George Floyd durch einen Polizisten am 26. Mai 2020 entfachte eine internationale Protestwelle. Am 6. Juni versammelten sich 3000 Menschen in Augsburg, um Solidarität zu bekunden, eigene Erfahrungen mit Rassismus zu teilen und den Opfern des Rassismus weltweit zu gedenken.

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Straßenschild in Erlangen, gewidmet den Anschlagsopfern Lewin und Poeschke, 2021

Der Rabbiner Shlomo Lewin und seine Partnerin Frieda Poeschke wurden 1980 ermordet. Heute ist klar: Der Täter gehörte zu einer bewaffneten Neonazi-Gruppe. Damals nahmen die Ermittler den Bezug zur rechtsextremistischen Szene Nürnbergs nicht ernst.  Auch heute wird Gewalt gegen Minderheiten immer wieder als Einzeltat verharmlost.

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Münchner Disco nach Brandanschlag, 1984

Bei dem Brandanschlag tötete die terroristische „Gruppe Ludwig“ Corinna Tartarotti. Es gab acht weitere Verletzte. Zwischen 1977 und 1984 ermordeten die beiden Täter 15 Menschen, die nicht in ihr Weltbild passten: Schwule, Sinti und Roma, Prostituierte und Drogenabhängige. Die Polizei verhaftete die Täter im März 1984 verhaften.

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Infoplakat des Integrationsbeirats Augsburg zur Wahlberechtigung, 2020

Bei Kommunalwahlen werden Bürgermeister*innen und die Stadt- oder Gemeinderäte gewählt. Wahlberechtigt sind Bürger*innen aller EU-Staaten, die in der Kommune wohnen und volljährig sind - das umfasst die „Unionsbürgerschaft“. Menschen aus Nicht-EU-Staaten dürfen keine Stimme abgeben. Ebenso geht es Jugendlichen:  In elf Ländern der Bundesrepublik ist die Kommunalwahl ab 16 Jahren möglich - bislang nicht in Bayern. 

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Aktion zum kommunalen Wahlrecht in Bamberg, 2020

In der Demokratie geht die Macht vom Volk aus - doch wer gehört zum „Volk“? Entscheidend ist die Staatsbürgerschaft: Nur wer einen deutschen Pass hat, hat das Wahlrecht für den Bundestag. Viele Ausländer*innen, die schon lange in Deutschland leben, haben damit kein Mitspracherecht. Als Ersatz engagieren sich viele in städtischen Integrationsbeiräten für politische Beteiligung.