Phönix aus der Asche: Reeducation und Kultur
Im Mai 1945 endete der Krieg. Bayern gehörte ab sofort zur amerikanischen Besatzungszone. Im Nu begann der Wiederaufbau: Trümmer mussten aufgeräumt und zerbombte Häuser neu errichtet werden. Doch für die Erneuerung von Gesellschaft und Staat reichte dies nicht aus: Amerikanische Besatzung und demokratische Politiker*innen wollten der Bevölkerung die Demokratie wieder näherbringen. Eigene demokratische Traditionen und Impulse aus dem Reeducation-Programm der US-Militärregierung versuchten in vielfältigen politischen und kulturellen Veranstaltungen, demokratische Werte zu vermitteln. Eine besondere Strahlkraft entwickelten die Amerikahäuser in München und Nürnberg und kleinere Einrichtungen in vielen Landstädten mit Bibliotheken, Vortrags- und Filmangeboten. In den Trümmern entwickelte sich rasch ein vielfältiges kulturelles Leben. Die Menschen in den Städten strömten ins Theater, in Konzerte oder Lichtspielhäuser. Auf dem Land gestalteten bald die wieder zugelassenen Vereine das kulturelle Leben.
Die Amerikahäuser bildeten ein wichtiges Element im amerikanischen Reorientation-Programm. Sie förderten demokratisches Gedankengut und vermittelten den Besucher*innen ein positives Bild der USA. Bei der Bevölkerung waren sie sehr beliebt. In Bayern gab es solche Häuser in größeren Städten wie Augsburg, Nürnberg oder Würzburg.
Im ausverkauften Prinzregententheater spielten die Münchner Philharmoniker das erste Konzert nach Kriegsende. Unter Eugen Jochum, späterer Dirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, führten sie Werke von Mozart, Tschaikowsky und Mendelssohn auf. "Radio München" übertrug das Konzert.
Therese Giehse (1898-1975) kehrte nach dem Exil in der Schweiz wieder nach München zurück. Von 1949 bis 1973 gehörte sie zum Ensemble der Münchner Kammerspiele. Seit ihrer Zeit in Zürich arbeitete sie oft mit Berthold Brecht: Die "Mutter Courage" feierte ab dem 8. Oktober 1950 auch in München große Erfolge.
Regelmäßig fuhren Angestellte der Amerikahäuser mit "Büchermobilen" durch Bayern. Aus umgebauten Bussen durften Interessierte kostenlos Bücher ausleihen. Dadurch kam auch die ländliche Bevölkerung bald in Kontakt mit amerikanischer Literatur und aktuellen politischen Nachrichten.
Die Amerikahäuser boten ein buntes Veranstaltungsprogramm. Pulsierendes Herz der Häuser waren jedoch die Bibliotheken. Demokratievermittlung erfolgte über das unbekannte Freihandsystem: Die Besucher*innen durften selbst in den Regalen stöbern und aus den englisch- und deutschsprachigen Büchern wählen.
Vor allem die Jugendlichen sollten von dem Reeducation-Programm der US-amerikanischen Besatzung profitieren. Sie waren die demokratischen Bürger*innen der Zukunft. Deshalb wurden in den "German Youth Activities" gesellige, fremdsprachige, kulturelle und politische Aktivitäten angeboten. Das Sommerlager war besonders beliebt.