Presse, Politik und "Echokammern" in den 1920er Jahren

Die Presselandschaft der zwanziger Jahre war vielfältig. In zahlreichen bayerischen Städten gab es mindestens zwei Zeitungen. Sie waren stark an politische und soziale Gruppen gebunden. Deshalb wird die kleinteilige Presselandschaft in dieser Zeit mit heutigen „Filterblasen“ und „Echokammern“ verglichen.
In Bayern war die katholische Presse stark vertreten. Sie wurde vom Katholischen Preßverein unterstützt, der Bibliotheken und Verlage förderte. Knapp ein Drittel der Zeitungen stand der Bayerischen Volkspartei nahe. Dahinter zurück fiel die sozialdemokratische, aber auch die nationalsozialistische Presse. Letztere konnte ihre Auflage jedoch steigern. Mit der Machtübernahme 1933 gingen die Nationalsozialisten gegen die freie Presse vor. Büroräume wurden zerstört, missliebige Redakteure entlassen und verhaftet.

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Redaktionskonferenz der "Münchner Neuesten Nachrichten", 1922

Die 1848 gegründeten "Münchner Neuesten Nachrichten" war die wichtigste Zeitung Süddeutschlands. 1920 kauften Industrielle den Verlag und unterstützten ihn finanziell. Fritz Gerlich (hinten rechts) wurde Chefredakteur. Unter ihm vollzog die Zeitung einen Rechtsruck. Gerlich wandte sich 1923 nach dem „Hitler-Putsch“ jedoch deutlich von den Nationalsozialisten ab.

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Zerstörte Redaktionsräume einer Zeitung nach dem "Hitlerputsch", 1923

Die sozialdemokratische Zeitung „Münchener Post“ warnte in ihren Artikeln früh vor dem Nationalsozialismus. Die Redaktion wurde mehrmals von rechtsradikalen Gruppen angegriffen, so auch während des „Hitler-Putsches“ 1923. Zwischen 1920 und 1933 sank die Auflage der Zeitung von 60.000 auf nur noch 15.000 Exemplare.

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Fritz Gerlich, etwa 1930

Fritz Gerlich war von 1920 bis 1928 Chefredakteur der "Münchner Neuesten Nachrichten". Ab 1932 leitete er die katholische Zeitung "Der gerade Weg". In ihr schrieb er scharf gegen den Nationalsozialismus an. Die Nationalsozialisten ermordeten Gerlich 1934 im KZ-Dachau.

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Besetzung eines Verlagsgebäudes durch die SA in München, 1933

Die "Münchener Post" war eine sozialdemokratische Zeitung. In der Weimarer Republik wandte sie sich von Anfang an konsequent gegen den Nationalsozialismus. 1933 verwüstete die SA die Redaktionsräume und verhaftete ihre Redakteure. Die Zeitung war fortan verboten.

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Beitrittserklärung zum Katholischen Preßverein, um 1900

Der Katholische Preßverein war Mitte der 1920er Jahre der wichtigste bayerische Volksbildungsverein, besonders wegen seiner Büchereien. Dort gab es nicht nur religiöse, sondern auch literarische Werke. Er organisierte kulturelle Veranstaltungen und besaß viele katholische Zeitungen, vor allem in Oberbayern.

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Regensburger Anzeiger, 1934

Der "Regensburger Anzeiger" stand dem politischen Katholizismus nahe. Der Chefredakteur Heinrich Held war ein führender Politiker der Bayerischen Volkspartei, die sich für Bayerns Eigenstaatlichkeit einsetzte. Ab 1924 war Held Ministerpräsident. Die Zeitung wurde deshalb als Sprachrohr der Regierung wahrgenommen.

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Gedenktafel für drei im Jahr 1933 verbotene Zeitungen , 2015

Die Gedenktafeln hängen am ehemaligen Verlagsgebäude der Süddeutschen Zeitung in München und erinnern an in der NS-Zeit verbotene Zeitungen. Fritz Gerlich (Portrait Mitte) war Chefredakteur für zwei von ihnen. 1933 wurde er von der SA misshandelt, 1934 im KZ Dachau ermordet.

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Zeitungsschaukasten in München, 1914

Männer betrachten 1914 die "Münchner Illustrirte Zeitung" in einem Schaukasten. Die Illustrierte erschien einmal wöchentlich. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielten Bilder für die Presse eine immer wichtigere Rolle. Viele politische Lager gaben Illustrierte heraus. Sie verwendeten Bilder auch als Propagandamittel.